Sonntag, 22. Oktober 2017

Rezension: Kleine große Schritte von Jodi Picoult




Originaltitel: Small Great Things
Autorin: Jodi Picoult
Erscheinungsdatum: 02.10.2017
Seiten: 592 
Genre: Belletristik, Drama
Preis: 20,00€ (D)


Ruth Jefferson ist eine äußerst erfahrene Säuglingsschwester. Doch als sie ein Neugeborenes versorgen will, wird ihr das von der Klinikleitung untersagt. Die Eltern wollen nicht, dass eine Afroamerikanerin ihren Sohn berührt. Als sie eines Tages allein auf der Station ist und das Kind eine schwere Krise erleidet, gerät Ruth in ein moralisches Dilemma: Darf sie sich der Anweisung widersetzen und dem Jungen helfen? Als sie sich dazu entschließt, ihrem Gewissen zu folgen, kommt jede Hilfe zu spät. Und Ruth wird angeklagt, schuld an seinem Tod zu sein. Es folgt ein nervenaufreibendes Verfahren, das vor allem eines offenbart: den unterschwelligen, alltäglichen Rassismus, der in unserer ach so aufgeklärten westlichen Welt noch lange nicht überwunden ist … (Quelle)





Es ist nun ein paar Stunden her, seit ich das Buch beendet habe und muss sagen, dass ich immer noch sprachlos bin. Ich möchte zu Anfang ein Zitat der Autorin aufzeigen, welches Picoult in ihrem Nachwort zu diesem Buch anbringt: 

"Ich schrieb für meine eigene Gemeinschaft - Weiße -, die kein Problem haben, einen Neonazi als Rassisten auszumachen - den eigenen Rassismus aber nicht erkennen."

Und genau dies ist meiner Meinung nach der Grund, warum dieses Buch zu einem Meisterwerk wurde. Picoult hat mit diesem Werk nicht versucht, Sprachrohr oder Vertreter für die farbige Gemeinschaft zu werden - viel eher war es ihr daran gelegen, allen anderen aufzuzeigen, dass Rassismus immer noch ein reales Ding unter uns ist. 
Es existiert nicht nur aktiv (hier in Form von Turk Bauer) sondern Rassismus kann sich auch in passiver Form manifestieren. Diese verschiedenen komplexen Schichten des Rassismus geht die Autorin von Kapitel zu Kapitel auf den Grund und ich fand es an keiner Stelle der Erzählung auch nur annähernd langweilig. 
Die Perspektive in der Erzählung wechselt hier zwischen Ruth, der farbigen Krankenschwester, Kennedy, ihrer Verteidigungsanwältin, und Turk, dem rechtsextremen Vater des verstorbenen Babys. Darüber hinaus werden Kapitel dazwischen geschoben, die Rückblenden darstellen, wodurch der Leser auch einiges über die Geschichte der einzelnen Figuren erfährt. Was mich besonders beeindruckt hat, waren die Kapitel aus der Sicht von Turk Bauer. Ich fand es total verstörend seine Denkweise zu lesen und war noch geschockter, als ich realisierte, dass diese Figur zwar fiktional ist, aber Menschen wie Turk Bauer auch in unserer Welt leben. 
Die Kapitel aus Ruths und Kennedys waren nicht minder interessant für mich. Für mich hatte es den Anschein, als hätte die Autorin die Absicht gehabt, dass sich alle Leser auf irgendeine Weise mit einem Protagonisten dieses Buches identifizieren können. 
Und durch diesen persönlichen Erzählstil konnte ich es sehr gut! Ich, als Tochter von libanesischen Immigranten in Deutschland, sah Dinge in Ruth, die mir bei mir bekannt vorkamen: die "Andersartigkeit" gegenüber dem Rest der Gesellschaft und dass man nie genau weiß, wo man eigentlich hingehört. Auf der anderen Seite zog ich Parallelen zu Kennedys Leben: auch mein Leben ist eher privilegiert, ich bin abgesichert und meiner Familie geht es gut. 
Diese Tatsache hat die Geschichte für mich nur noch schöner und realer gemacht.

Zur Handlung ist zu sagen, dass sie, wie ich oben bereits erwähnt habe, zu keinem Zeitpunkt der Erzählung langweilig ist. Ich fand vor allem das ganze Strafverfahren total interessant und wie verankert der Rassismus in der amerikanischen Politik- sodass man es schon einen systematischen Rassismus nennen kann. 
Das Ende war für mich ein weiterer Erfolg seitens der Autorin. Die Handlung steigerte sich bis zum Ende und fand einen gelungenen Abschluss, der dem Ganzen keinen Abbruch tat, sondern im Gegenteil schlüssig in die Erzählung eingebettet war. 

Mich hat nur selten ein Buch so sehr zum Nachdenken angeregt...nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Überdenken meines Verhaltens und meiner Denkweise. Bin ich rassistisch? Denke ich, dass die Menschen in Deutschland alle gerecht behandelt werden? Es hat mich sehr tief berührt und am liebsten würde ich zahlreiche Kopien dieses Buches über die ganze Welt verstreuen, damit sich alle diese Fragen stellen können.


Dieses Buch ist eines meiner Lesehighlights überhaupt und da ich bis jetzt nur noch 'Beim Leben meiner Schwester' von Jodi Picoult gelesen habe, bin ich schon sehr gespannt darauf, weitere Bücher von ihr zu lesen! 

5/5 Sterne 

🌟🌟🌟🌟🌟










2 Kommentare

  1. Eine wunderschöne Rezension. So viel besser, als ich es jemals in Worte fassen könnte! ♡

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  2. Hey :D

    Das Buch ist echt in aller Munde. Und jeder scheint es zu lieben. Toll, dass es dir auch so gut gefallen hat. Ich habs auch noch hier liegen. Allerdings ungelesen bisher. Das wird sich aber bald ändern. Ich freu mich schon sehr auf dieses Buch :D

    Alles Liebe
    Maddie
    https://daydreamer4you.blogspot.de/

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